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Umsetzungsproblematik bei der personzentrierten Kunstpädagogik und -Kunstvermittlung

Wertschätzung, einfühlendes Verständnis und Echtheit

Bei der Zusammenwirkung der  wesentlichen drei Bedingungen nach Rogers, erscheint mir die „Echtheit“ (im Sinne von authentisch sein) – isoliert betrachtet – die größte Gefahr, der wir unterliegen können. Hierbei kann man dem Personzentrierten Ansatz (PZA) kritisch entgegnen, dass zum Beispiel Intoleranz, Ignoranz und Missachtung von Lehrenden gegenüber Schülern oder Teilnehmern auch  echt  und authentisch sein können. Dies kann sich wiederum manipulativ auswirken.

Vor diesem Hintergrund ist der Berater nämlich auch dann noch authentisch, wenn dieser scheinbar wohlwollend die Teilnehmer unbewusst beeinflusst. Durch Missachtung und Ignoranz der eigentlichen Bedürfnisse der Teilnehmer, könnte der Mentor diese durch Suggestivfragen schnell zu einer Entscheidung drängen. Die Bedrohung der Selbstexploration, von sich selbst erarbeiteten Lösung des Teilnehmers, wäre somit ungleich höher. So kann es dann wahrscheinlich sein, durch eine suggestive Entscheidungsherbeiführung die Maßstäbe und Lösungsansätze des Mentors als alternativlos darzustellen. Wir (Mentoren) würden somit bewerten statt wertschätzen und zeigten kein einfühlendes Verständnis.

"Die Echtheit des Mentors  ist aber immer im Kontext zu sehen, im Zusammenwirken aller drei Variablen, was Rogers immer deutlich zum Ausdruck bringt. Eine hilfreiche Beratung durch den Lehrenden kann weder ein Trick noch ein Werkzeug sein, sie kann auch nicht beliebig spontan oder „intuitiv“ sein. Der gesamte Kontext ergibt [im Umkehrschluss], dass in Ignoranz oder Missachtung einfach keine positive Wertschätzung und kein einfühlendes Verstehen vorhanden sein können.“ (vgl. Nykl)
 

„Für ein solches wachstumsförderndes Klima sind alle drei Voraussetzungen nötig, ob es sich nun um die Beziehung zwischen Therapeuten und Klienten oder zwischen Eltern und Kind, Gruppenleiter und Gruppe, Lehrer und Schüler, Administrator und Mitarbeiter handelt – sie gelten praktisch für jede Situation, in der die persönliche Entfaltung das Ziel ist.“ (Rogers 1990, S. 20).
Es ist die Grundhaltung und Verwirklichung, die ganz bewusst anstelle von „Methoden“ oder „Techniken“ steht. „Dadurch soll deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass es nicht um die Anwendung technischer Kunstgriffe oder um isoliert erlernbare Methoden geht, sondern daß es sich um einen Zugang in die und in der Beziehung handelt“ (Schmid 1989, S. 119).

Aufgrund Untersuchungen ist dem aber entgegenzuhalten, viele Lehrkräfte, angehende Pädagogen und Kunstvermittler (Mentoren) benötigen Beispiele, Methodenvorschläge, Anwendungsprogramme und konkrete Hilfestellungen zur Umsetzung von didaktischen Ansätzen, Modellen und Theorien. Rogers hat dies für den Personzentrierten Ansatz aber immer abgelehnt und dahingehende Entwicklungen nie unterstützt. Diese seine Weigerung hat zur Folge, dass viele Mentoren mit dem enorm hohen Anspruch überfordert sind (Hartdegen 2006). Diese Tendenz ist sicher auch heute noch zu beobachten und als Aufgabe in Theorie und Praxis, als didaktisches Modell, nach wie vor zu bewältigen.

Zu all dem kommt die Erfüllung von völlig unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Teilnehmern in kunstvermittelnden Kursen  und das Gerechtwerden  dieser Ansprüche des Mentors. Ansprüche, die sich im Spannungsfeld der reinen Kenntnisvermittlung, der Sachauseinandersetzung bis hin zur Selbstfindung von Teilnehmern bewegt. Diese Erwartungshaltungen schließen also die auf der einen Seite intensive "Anwendung" des PZAs bei einzelnen Teilnehmern nicht aus, zugleich auf der anderen Seite, mitunter sogar innerhalb des gleichen Kurses oder  Projektgruppe, die völlige Außerachtlassung des PZAs mit ein, wenn es um die reine Sachauseinandersetzung geht.

Es ist demnach schlüssig, ja sogar notwendig, die Auffassungen der personzentrierten Kunstpädagogik und Kunstvermittlung auch nur in Teilen anzuwenden sowie mit eigenen Möglichkeiten zu ergänzen und eben nicht als ein imperatives pädagogisches Instrument anzusehen, das "nur so geht und nicht anders."